In Minenräumfahrzeugen stecken Bodenbleche aus Görlitzer Produktion
Roman Broshin gründete 2011 seinen MFV Maschinenbau. Es ist eine der erfolgreichsten Firmengründungen in Görlitz. Die Firma für Spezialstähle will wachsen und Mitarbeiter einstellen.
Die Begeisterung für große Maschinen, die nach- und miteinander fräsen, drehen, bohren oder lasern, ist geblieben. Geschäftsführer und Eigentümer Roman Broshin geht in der großen Werkhalle seiner MFV Maschinenbau GmbH von einer Anlage zur nächsten: hier können besonders dicke Bleche gebohrt und gefräst werden, da Teile mit einem Gewicht von bis zu 16 Tonnen in einem Ritt fertig bearbeitet werden.
Bis zu einer Million Euro kostet so eine Maschine. Der Stolz über diese Technik ist ihm anzumerken. Doch ansonsten hat sich in dem Unternehmen viel getan. Da ist zum einen der neue Hauptstandort im Gewerbe- und Industriegebiet Ebersbach. Gleich neben Birkenstock hat nun das Maschinenbau-Unternehmen seinen Sitz, das wirtschaftlich zu den erfolgreichsten Neugründungen in Görlitz in den letzten 15 Jahren zählt.
Erfolgreiche Suche nach einem neuen Standort in Görlitz
Eigentlich zeigte sich Roman Broshin vor einigen Jahren zufrieden mit der Größe seines Betriebes im Görlitzer Stadtteil Weinhübel. Dort baute der gebürtige Bautzener seit 2011 sein Unternehmen auf dem Gelände der früheren Stahl- und Fahrzeugbau GmbH (Stafa) auf.
Er spezialisierte sich auf die Bearbeitung von besonders verschleißfesten Stählen, wie sie beim Zerkleinern von Müll, Holz oder Kunststoffen eingesetzt werden oder bei Förderbändern im Bergbau. Mit dem Aufschwung der Recyclingwirtschaft füllten sich auch die Auftragsbücher bei Broshin.
So sehr, dass er sich nach der Corona-Pandemie doch nach einem neuen Standort umschaute, ohne den Weinhübler aufzugeben. Im Görlitzer Süden liegt ein Flächennutzungsplan über dem Betriebsgelände, der zwar den laufenden Betrieb nicht gefährdet, Erweiterungen aber verhindert.
Von den Wirtschaftsförderern der Görlitzer Europastadt GmbH erhielt er während seiner Suche den entscheidenden Hinweis. Die Schweizer Firma HBB Biegetechnik aus Walzenhausen am schweizerischen Ufer des Bodensees beendete ihre Expansion nach Görlitz.
Damit wurde die Halle im Industrie- und Gewerbegebiet Ebersbach frei. Sie war in den 1990er-Jahren errichtet worden und gut in Schuss. Broshin schlug zu, erwarb das Grundstück und baute die Hallen für seine Zwecke um.
63 Mitarbeiter im Moment
Verändert hat sich auch die Zahl der Mitarbeiter bei Broshins Firma. Waren es 2021 noch rund 35 Beschäftigte, so zählt der 49-Jährige nun mit Leiharbeitern 63 Mitarbeiter, mancher darunter aus Polen. Das Unternehmen legt Jahr für Jahr beim Umsatz zu, in diesem Jahr rechnet es mit neun bis zehn Millionen Euro. So sucht Broshin weiter Mitarbeiter.
Auch die Bilanz wächst, die letzte im Unternehmensregister veröffentlichte stammt von 2023. So ist das Anlagevermögen, also Maschinen und Grundstücke, stark gestiegen und bildet die Expansion auch in Zahlen ab, und da sind die jüngsten Investitionen noch gar nicht alle dabei. Allein vier Millionen Euro hat Broshin in die neuen Maschinen investiert, die letzte kam erst vor ein paar Monaten – denn mittlerweile sind die Lieferfristen enorm gestiegen, bis zu einem Jahr wartet er auf die Anlagen.
Dass das Görlitzer Unternehmen auch in der Corona-Zeit, als die Lieferketten so arg in Mitleidenschaft gezogen wurden, immer seinen Kunden liefern konnte, hängt mit dem großen Lager von Spezialstählen zusammen, das sich Broshin aufgebaut hat.
Und das noch zu Zeiten, als der Stahl vergleichsweise kostengünstig war. Als Stahl knapp und sehr teuer wurde, da verzeichnete sein Unternehmen einen extremen Schub. Was sich auch in der Bilanz niederschlug, die für 2022 und 2023 Gewinne von über einer Million Euro ausweist.
Firma expandiert in die Wehrtechnik
So kann der MFV Maschinenbau auch in ein zweites Standbein investieren. Bislang bildete die Verschleißtechnik das wichtigste Aktionsfeld. Das wird auch auf längere Zeit so bleiben. Doch an Gewicht nehmen jetzt Aufträge aus dem Verteidigungs- und Rüstungsbereich zu. Schon immer kleidete die Firma Polizeisicherheitsräume aus, lieferte Bleche beispielsweise für Schießstände.
Auch dafür kommt ganz spezieller, ballistischer Stahl zum Einsatz – besser bekannt als „Panzerstahl“. Er ist besonders hart und kann nur mit speziellen Maschinen bearbeitet werden. Broshin hat die richtigen Anlagen und liefert beispielsweise Bauteile für die Wehrtechnik oder Bodenplatten für Minenräumfahrzeuge.
Er liegt damit ganz auf der Linie von Sachsens Wirtschaftsminister Dirk Panter (SPD). Der hatte jüngst im sächsischen Landtag von dreistelligen Milliardenbeträgen gesprochen, die in den kommenden Jahren in Deutschland in die Sicherheit fließen werden. „Sollen diese Gelder wirklich alle in den anderen Bundesländern investiert werden? Wollen wir das?“, fragte der Sozialdemokrat. Stattdessen kündigte er an, sich „vehement dafür einzusetzen, dass wir Investitionen in die Rüstung auch nach Sachsen holen. In die Industrie, in den Mittelstand und auch in Start-ups.“
Broshin baut das zweite Standbein auch mit Blick auf die KNDS-Ansiedlung in Görlitz auf. Der Hersteller von Leopard-Panzern übernimmt das Waggonbau-Gelände von Alstom und will spätestens ab nächstem Jahr Teile für seine Produktion in Görlitz produzieren lassen. Zunächst mit rund 350 Mitarbeitern, weitere Einstellungen sind nicht ausgeschlossen. Zumal auf dem Gelände des Waggonbaus Platz für eine weitaus größere Produktion ist.
Allerdings ruft die Rüstungsproduktion in Görlitz auch Widerstand hervor. So mehrten sich zuletzt Aktionen von Friedensanhängern, die weiße Kreuze im Stadtgebiet aufstellten. Auch tauchte jüngst ein Brief der KNDS-Spitze auf, später stellte sich heraus, dass es sich um eine Fälschung handelte.
Zoll-Unsicherheit verhindert weiteren Ausbau vorerst
Nachdem Roman Broshin schon einmal über seinen Schatten gesprungen und das Unternehmen deutlich über die anfänglichen Erwartungen hinaus erweitert hat, könnte das auch noch einmal der Fall sein. Für eine 120 Meter lange Halle entlang der Straße nach Görlitz liegt Roman Broshin bereits die Genehmigung vor, er könnte morgen mit dem Bau beginnen. Wären da nicht die drohenden Zölle von US-Präsident Trump.
Noch verhandeln Deutschland und die USA, noch ist unklar, wie hoch sie am Ende ausfallen werden. Doch die Unsicherheit ist auch deswegen so groß, da Broshin häufig nur Teile an namhafte Adressen des Maschinenbaus liefert. Wohin deren fertige Geräte dann gehen, ist im Detail Broshin gar nicht immer so geläufig. So kann er auch nur schwer prognostizieren, wie sich Zölle auf sein Geschäft auswirken werden. Und so lange dürften die Baupläne auch noch ein bisschen in der Schublade bleiben.